„Zukunftsaufgabe Ostseeschutz“ - Das hört sich gut an und ich freue mich, dass die FDP diesen Vorschlag macht. Meeresschutz ist aber keine Zukunftsaufgabe, sondern eine aktuelle und dringende Aufgabe, denn die wissenschaftlichen Berichte zum Zustand der Ostsee zeigen immer wieder, dass wir noch nicht genug tun.
Wo stehen wir bei dieser Aufgabe aktuell?
In einem intensiven Konsultationsprozess zu einem möglichen Nationalpark Ostsee wollten wir diskutieren und dann entscheiden. Und eben dieser Entscheidungsprozess läuft aktuell noch. Die Ergebnisse aus den Konsultations-Workshops sowie die Rückmeldungen aus Veranstaltungen, zahlreichen Gesprächen, aus der Wissenschaft sowie aus der Vielzahl der Anschreiben, die eingereicht wurden, werden aktuell in einer Gesamtauswertung des Prozesses aufgearbeitet.
Im Rahmen dieser Konsultation wurden zudem von Verbänden und Vereinigungen aus Naturschutz, Tourismus, Wirtschaft und Kommunen auch Maßnahmenvorschläge und Konzepte erarbeitet, die zum Teil sehr umfassend sind. Wir wollen jetzt nicht mit der ganzen Arbeit von vorne anfangen und mit einer Enquete-Kommission Doppelstrukturen aufbauen!
Der Weg muss doch zuerst einmal sein, den begonnenen Prozess zu Ende zu führen und die vielen Beteiligten auch ernst zu nehmen. Zum Zustand der Ostsee, zu Meeresdaten und Umweltparametern liegen bereits sehr ausführliche Berichte vor. Der Bericht zum Zustand der Ostsee – mit den Bewertungen der Meeresstrategierahmenrichtlinie – ist allen fachpolitischen Sprecher*innen gerade letzte Woche erst im Umwelt- und Agrarausschuss vorgestellt worden, auch mit konkreten Handlungsempfehlungen.
Zu Innovation, Forschung und Ausgründungen passiert auch bereits sehr viel in Schleswig-Holstein – die TransMarTech GmbH ist hier nur ein Beispiel. Munitionsaltlasten sind ein weiteres sehr wichtiges Thema und auch ein großes Umweltproblem in der Ostsee. Aber auch hier sind die ersten Pilotbergungen in Gebieten der Lübecker Bucht ausgeschrieben und sollen im April 2024 starten. Vieles von dem, was Sie in Ihrem Antrag nennen, ist also richtig, passiert aber eben auch schon. Wir können auch deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen!
Wie muss es nun weitergehen?
Was wir durch den Konsultationsprozess und die Aufmerksamkeit erreicht haben ist, dass sich über alle Ebenen hinweg viele Menschen zu mehr Ostseeschutz bekannt haben und diesen auch klar fordern, zuletzt mit der Übergabe von über 93.000 Unterschriften an den Ministerpräsidenten. Die Frage ist nun wie und wo?
Aus meiner Sicht haben wir kein Erkenntnisproblem, sondern wir müssen mit allen Beteiligten endlich stärker in die Umsetzung kommen. Um es nochmal klar zu benennen: Seit vielen Jahren ist der Zustand der Ostsee kritisch, sie leidet zum Beispiel an einer Überbelastung mit Nährstoffen. Die Werte der Nährstoff-Frachten aus den zuleitenden Flüssen sind genau bekannt und sie halten bis auf wenige Ausnahmen nicht die gesetzten Grenzwerte ein. Hierfür brauchen wir verbindliche Lösungen.
Ein maßgeblich negativer Faktor für die Bestände von Schweinswalen und Meeresenten ist die Stellnetzfischerei. Hierfür brauchen wir ebenfalls endlich verbindliche Lösungen. Unterwasserlebensräume wir Seegraswiesen, Riffe und ungestörte Miesmuschelbänke müssen viel stärker geschützt werden. Seegraswiesen sind ein idealer Lebensraum für viele Fischarten und auch Laichbereich für den Hering –gleichzeitig auch ein enormer CO2-Speicher.
Ungestörte Miesmuschelbänke sind Lebensraum für unzählige Wirbellose und für fischereilich unbedeutende Fischarten. Ja, es gibt auch fischereilich unbedeutende Fischarten, die aber typisch sind für das Ökosystem Ostsee und hier eine entscheidende Rolle spielen.
Strandlebensräume und auch Salzmarschen sind ein wichtiges Schutzgut an der Ostsee. Wir müssen hier unbedingt ein Gleichgewicht finden zwischen Küstenschutz und Naturschutz. Aber auch zwischen Tourismus und Strandschutz. Und auch hier gibt es lokal und regional bereits gute Lösungsansätze wie beispielsweise in Eckernförde.
Ich greife es nochmal auf:
Wir haben kein Erkenntnis- oder Beratungsproblem.
Wir müssen mehr umsetzen, wir brauchen dringend mehr wirksame Schutzmaßnahmen für unsere Ostsee. Der Prozess dazu ist auf dem Weg, wir brauchen keinen Neustart.
Wir müssen in und an die Zukunft denken, das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig. Und dabei gilt immer: Action speaks louder than words!