Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht
Zu TOP 26 der heutigen Landtagssitzung sagt die umweltpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Silke Backsen:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,
der Wolf war einst in ganz Europa verbreitet. Durch eine starke Bejagung ist er in vielen Teilen Europas ausgestorben. Seit dem Jahr 2000 gibt es bei uns in Deutschland wieder Wölfe. Abgewanderte Tiere aus Polen hatten sich auf natürliche Weise in der Lausitz auf einem Truppenübungsplatz angesiedelt.
Das Hauptvorkommen der Wölfe liegt derzeit im östlichen Teil Deutschlands, von dort haben Wölfe auch andere Bundesländer besiedelt. Wir sind derzeit vor allem Durchgangsgebiet für Wölfe. Von Schleswig-Holstein aus wanderten Wölfe mehrfach schon nach Dänemark und Holland ein. Einzeltiere haben sich bei uns bislang immer nur zeitweise aufgehalten, seit ein paar Tagen wissen wir von zwei residenten Paaren in Schleswig-Holstein.
Bereits seit 1990 steht der Wolf in Europa unter ganzjährigem Schutz, was seine Ausbreitung begünstig hat und was ein Erfolg des Naturschutzes ist. Wie bei vielen anderen Arten auch haben wir den Wölfen die natürlichen Habitate entzogen und auch die natürlichen Nahrungs- und Lebensgrundlagen.
Wälder werden abgeholzt, es gibt kaum noch Wildnis in Europa und Rückzugsgebiete für „wilde Arten“ werden immer seltener. Aber: Wölfe gehören zum Ökosystem dazu, sie sind Prädatoren – also Beutegreifer. Sie fressen Rehe, Rothirsche und Wildschweine, bevorzugen aber immer Nahrung, die sie am leichtesten erlegen können. Sie gehen den Weg des geringsten Widerstandes.
Sie vergreifen sich auch an Haus- und Nutztieren des Menschen – und hier kommen wir zu den bekannten Problemen mit den Nutztierhalter*innen. Wir haben im Koalitionsvertrag beschlossen, den Wolf mit ganzjähriger Schonzeit in das Jagdrecht aufzunehmen. Der Wolf steht also weiterhin ganzjährig unter Artenschutz. Ein Abschuss wird weiter nur im Einzelfall nach den dafür im Bundesnaturschutzgesetz festgelegten Kriterien der Fall sein.
Eine unspezifische, generelle Bejagungsmöglichkeit wird nicht geschaffen und es werden damit auch keine wolfsfreien Gebiete hergestellt. Im 100-Tage-Programm der Landesregierung ist dies ebenfalls zu finden. Das zuständige Ministerium arbeitet bereits an einem Gesetzentwurf.
Im Koalitionsvertrag steht ebenfalls, dass wir eine Koexistenz von Nutz- und Wildtieren wollen. Und das ist auch das Ziel des Wolfsmanagements des Landes. Ich danke an dieser Stelle allen, die daran mitwirken, insbesondere auch den ehrenamtlichen Wolfsbetreuer*innen. In der manchmal aufgeheizten Debatte ist das sicherlich kein einfacher Job.
Und ebenso wenig ist es für die betroffenen Tierhalter*innen einfach, emotional zu verkraften, wenn sie Tiere durch einen Wolfsriss verloren haben oder wenn sie diese schwer verletzt auf der Weide vorfinden. Wir wollen dies nicht kleinreden, auch wenn der finanzielle Verlust ausgeglichen wird.
Voraussetzung für eine Koexistenz von Wolf und Weidehaltung ist zum einen der finanzielle Ausgleich. Den muss die Allgemeinheit tragen und dies ist ja auch bei uns bereits der Fall. Zum anderen ist Prävention durch effektiven Herdenschutz äußerst wichtig. Wenn dies nicht geschieht, kann es passieren, dass Wölfe auf Nutztiere als Beute regelrecht konditioniert werden.
Und wenn sie erst einmal gelernt haben, über niedrige Zäune zu springen, werden sie irgendwann auch höhere Zäune überwinden. Damit schaffen wir uns selbst Problemwölfe, die dann abgeschossen werden müssen. Darum dürfen wir beim Herdenschutz nicht lockerlassen und darum unterstützen wir unsere Tierhalter*innen dabei auch finanziell.
Es wurden beispielsweise bereits Stellen beim LLUR geschaffen, die Zahl der ehrenamtlichen Wolfsbetreuer*innen wurde erhöht und die integrierten Stationen wurden mit Herdenschutzpaketen ausgestattet. Auf diesem Weg wollen wir weiter gehen und gemeinsam mit den Tierhalter*innen an der Koexistenz arbeiten.
Sollte es uns jetzt gelingen, durch Aufnahme des Wolfes in das Jagdgesetz Rechtssicherheit für Jäger*innen zu schaffen, wenn sie einen verletzten Wolf durch Fangschuss erlösen können, dann sehen wir darin auf jeden Fall auch einen Gewinn für den Tierschutz.
Es gilt das gesprochene Wort!