Auswirkungen eines durch Corona geänderten Freizeitverhaltens auf die Natur
Zu TOP 8 der heutigen Landtagssitzung sagt die naturschutzpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Silke Backsen:
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste.
Ich danke dem Minister für seinen Bericht. Wir haben sicher alle in den Medien gehört, dass Corona und die damit verbundenen Reise und auch Lebenseinschränkungen zu einem Run auf die heimische Natur geführt hat. Auch ich habe keine Zahlen mit, Kollege Buchholz, aber ich glaube, dass wir sicher noch Zahlen bekommen werden, wenn Sie darauf bestehen. Ich war ein bisschen irritiert über Ihre sehr lockere Wortwahl gerade eben.
Die Schilderungen von den betreuenden Verbänden haben uns gezeigt, dass auch Naturschutzgebiete in Schleswig-Holstein überrannt wurden und dass eine natürlich auch verständliche intensivere Nutzung der Natur durch uns Menschen stattgefunden hat.
Aber warum brauchen wir Menschen überhaupt die Natur? Warum wird dies vielleicht auch erst durch ein verändertes Verhalten in einem sogenannten Lockdown wieder sichtbar und spürbar?
Wie alle Lebewesen auf diesem Planeten gehört auch der Mensch zur Natur, wir brauchen Sauerstoff, um zu atmen, wir brauchen Wasser und Nahrung, und wir brauchen ein Klima, in dem wir leben können. Und manchmal brauchen wir die Natur auch nur, um sprichwörtlich Luft zu holen, um den Kopf frei zu bekommen oder auch mal wieder inneren Frieden zu finden. Wir sind ein Teil der Natur, deshalb sind der Naturschutz und der Erhalt unserer vielfältigen Ökosysteme auch so elementar wichtig.
Wir verlieren allerdings oft den Blick dafür und fühlen uns vielleicht abgetrennt in einer „Um“ Welt. Mir geht das tatsächlich oft so, wenn ich hier bin, auch wenn ich jetzt Kollegen schmunzeln sehe. Wir brauchen Informationen, Hilfe und auch Menschen, die uns wieder den Blick öffnen für die unfassbare Vielfalt der Natur, für die dynamischen Veränderungen, aber auch für die komplexe Verbundenheit zwischen allen Elementen.
Und – ja – es wird nicht mehr viel darüber berichtet, auch hier nicht, aber der Verlust unserer Arten, also diese Biodiversitätskrise, die wir lange nicht mehr gehört haben, das Wort, und die Zerstörung unserer Ökosysteme: Es geht weiterhin weltweit ungebremst voran.
Ich freue mich immer sehr, wenn es die Menschen in die Natur hinauszieht, wenn sie bereit sind, die Vielfalt uns Schönheit wieder zu entdecken. Denn genau dann wird auch wieder ein Verständnis
für den Naturschutz wachsen, und wenn wir Menschen spüren, wie viel die Natur zu bieten hat, sind wir eher bereit sie zu schützen.
Wir wollen die Menschen auf keinem Fall aussperren aus der Natur, auch nicht aus den störungsempfindlichen Gebieten, denn die sind natürlich auch andererseits wieder besonders reizvoll. Wir wollen die Menschen mitnehmen, aufklären und informieren.
Und dennoch müssen wir feststellen, dass die Natur dort Schaden nimmt, wo der Freizeitdruck zu hoch ist und wenn die Menschen sich unachtsam verhalten. Meistens geschieht es eben nicht mit Absicht, sondern aus Unwissenheit oder mangeldem Bewusstsein.
Unser Ziel – unser aller Ziel – muss eigentlich sein, das Wissen um diese Zusammenhänge in der Natur und das Bewusstsein für diese Störungsanfälligkeit wieder zu stärken.
Man liebt nur, was man kennt und man schützt nur, was man liebt. (Konrad Lorenz)
Wir sind davon überzeugt, dass die allermeisten Menschen eigentlich das erhalten und schützen möchten, was sie kennen und lieben gelernt haben.
Liebe Kolleg*innen, überall dort, wo wir hier im Lande wertvolle Naturschutzflächen haben, gibt es erfreulicherweise auch viele Menschen, die sich um die Entwicklung und um die Betreuung der Gebiete kümmern und auch über deren Besonderheiten und Empfindlichkeiten aufklären.
Ich möchte an dieser Stelle noch mal wirklich sehr herzlich all diesen Menschen, die oft ehrenamtlich arbeiten und mit so viel Herzblut dabei sind, unseren Herzlichen Dank für diese wichtige Aufgabe aussprechen.
Wir möchten mit diesem Antrag oder mit diesem Bericht oder mit diesem Weg, der jetzt gegangen wird, die bestehenden Strukturen einfach durch hauptamtliche Stellen stärken und Synergieeffekte nutzen.
Wir wollen die qualitativ hochwertige Naturschutzarbeit vor Ort mit einem System hauptamtlicher Rangerinnen und Ranger unterstützen und dieses System aufbauen. Die Landesregierung hat, wie im Koalitionsvertrag beschrieben, diesen Aspekt aufgegriffen und bereits die Ansätze für ein Konzept entwickelt. Ich begrüße das wirklich sehr und freue mich, dass diese wichtige Aufgabe umgesetzt wird. Diese Ranger und Rangerinnen werden die ehrenamtliche Schutzgebietsbetreuung mit Infotmations- und Bildungsarbeit tatkräftig unterstützen und sie werden vor allen Dingen präventiv dafür sorgen, dass es möglichst gar nicht erst zu Verstößen gegen das Naturschutzrecht kommt. Ich freue mich wirklich sehr, dass wir in dieser wichtigen Aufgabe ein kleines Stück vorankommen und danke sehr für Ihre Aufmerksamkeit.
(Es gilt das gespprochene Wort!)